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Buchtipp: „Wer Inklusion will, findet einen Weg. Wer sie nicht will, findet Ausreden.“

 

Dr. Torben Rieckmann, April 2023

Fragt man Lehrer*innen, die an der Grundschule unterrichten, was sie als größte Herausforderungen ihres Berufs betrachten, wird neben dem Lehrkräftemangel und dem digitalen Unterricht häufig die Inklusion von Schüler*innen mit Behinderung genannt. Was bedeutet Inklusion eigentlich? Und: Ist sie lediglich auf Schule und auf Personen mit Behinderung begrenzt?

Der Aktivist Raùl Krauthausen hat ein Buch über Inklusion herausgebracht, in dem er sich umfassend mit diesem vielschichtigen Thema auseinandersetzt. Darin zeigt er, dass sich der Begriff Inklusion nicht nur auf den schulischen Bereich beschränkt und dass er allen Menschen offensteht:

 

 „Inklusion bedeutet, dass jeder Mensch in seiner Individualität als Teil der Gesellschaft akzeptiert wird und gleichberechtigt sowie selbstbestimmt die Möglichkeit hat, vollumfänglich an ihr teilzuhaben.“

– Raúl Krauthausen

 

Raul Krauthausen Inklusion Partner Inklusionsaktivist

In seinem Buch konzentriert sich der Aktivist hauptsächlich auf das Merkmal Behinderung. Er erklärt, dass der Begriff „Inklusion“ für viele Menschen mit Behinderung eine empowernde Wirkung habe. „Empowerment“ bedeutet, dass Menschen befähigt werden, ihre eigenen Ziele zu erreichen und ihr Leben zu verbessern.

Raùl Krauthausen hat sich für das Buch eine Besonderheit überlegt, um der Tiefe des Themas gerecht zu werden: In Form von Interviews lässt er Expert*innen verschiedenster Gebiete zu Wort kommen, die darüber aufklären, wie Barrierefreiheit und damit Inklusion für Menschen mit Behinderung ermöglicht werden können. So klärt bspw. Barbara Sima-Ruml auf, wie barrierefrei und für alle zugänglich gebaut werden sollte oder Andrea Lauer, wie wir mithilfe leichter oder einfacher Sprache barrierefreier kommunizieren können.

Zum Thema schulische Inklusion kommen Tina Sander von mittendrin e. V. und Jutta Schöler, ehemalige Professorin für Erziehungswissenschaft an der TU Berlin, zu Wort.

Jutta Schöler erklärt, dass eine inklusive Schulform nachweislich positive Auswirkungen auf die Bildungschancen von Kindern mit Behinderung hat. Es müsse zur gesellschaftlichen Normalität werden, „dass wirklich alle Kinder, Jugendliche und Erwachsene Zugang zu allen Bildungseinrichtungen haben“. Im Gespräch mit Raùl Krauthausen führt sie Best Practice-Beispiele aus dem In- und Ausland an.

Raùl Krauthausen schreibt, dass wir nach konstruktiven Wegen suchen müssten, wie ein inklusives Bildungssystem in Deutschland aussehen könnte. Er resümiert: „Der Blick ins europäische Ausland zeigt, dass schulische Inklusion keine Utopie, sondern ein Erfolgsrezept ist“.

Tina Sander macht ihren Missmut über das Schulsystem in Deutschland deutlich, in dem Schüler*innen häufig getrennt voneinander unterrichtet werden. Neben den Förderschulen (oft auch „Sonderschulen“), an denen Schüler*innen mit Behinderungen nichtinklusiv unterrichtet werden, besteht außerdem eine frühe Trennung der Schulkinder bereits nach der vierjährigen Grundschule. Tina Sander erklärt, dass Deutschland einen Sonderweg geht, da in fast allen anderen europäischen Ländern deutlich länger ein gemeinsames Lernen stattfindet. Damit die schulische Inklusion keine Herausforderung bleibt, sondern Alltag wird, schlägt sie u. a. vor, die Ausbildung von Lehrer*innen neu zu strukturieren. Weiterhin müsse Schule flexibler mit den Bedürfnissen der Schüler*innen umgehen.

 

„Jedes Kind – mit oder ohne Einschränkungen – hat bestimmte Bedürfnisse, die Schule beachten muss. Wir müssen den Perspektivwechsel hinkriegen: Was braucht das Kind an dieser Schule? Nicht: Was für eine Schule braucht das Kind?“

– Tina Sander

 

Viel Raum erhält das Thema „Intersektionalität“. Mit diesem Begriff wird erklärt, dass Menschen verschiedenen Identitäten und Zugehörigkeiten haben, die sich gegenseitig beeinflussen und die Erfahrung dieser Menschen prägen. Dazu gehören u. a. Geschlecht, Ethnisierung, Alter oder Sexualität. In all diesen Bereichen können Diskriminierungserfahrungen gemacht werden. Diese können sich überschneiden und damit sogar gegenseitig verstärken. Raùl Krauthausen warnt: „Wenn man sich auf ein bestimmtes Diskriminierungsmerkmal fokussiert, dann kann das dazu führen, dass die vielfältigen individuellen Lebensrealitäten in den Hintergrund gerückt oder sogar ausgeblendet werden.“

Vom Unterschied zwischen Integration und Inklusion über Intersektionalität und Inklusion als basales Menschenrecht: Raùl Krauthausen klärt auf und gibt dem Thema Inklusion die gebotene Tiefe. Im letzten Teil seines Buches erklärt der Aktivist die Notwendigkeit, dass Personen mit Behinderung nicht nur Teilhabe, sondern Teilgabe erleben: „Behinderte Menschen haben auch etwas zu geben, sie sind eine Bereicherung für die Gesellschaft. Für diesen Gedanken möchte ich den Begriff der „Teilgabe“ vorschlagen.“

Buch Raul Krauthausen Wer Inklusion will findet einen Weg Wer sie nicht will findet Ausreden

Wer Raúl Krauthausens öffentliches Schaffen in den letzten Jahren verfolgt hat, kennt die Themen des Buches und viele der Expert*innen, die zu Wort kommen. In Ergänzung zu Social Media-Auftritten und Podiumsdiskussionen, gelingt es dem Buch, die Thematik in einer besonderen Tiefe zu behandeln, um ein Verständnis für die Barrieren und insbesondere für die Verletzung der Rechte von Menschen mit Behinderung zu erzeugen. Vor allen Dingen zeigt es, an welchen Stellen jeder von uns konkret ansetzen kann, um Inklusion in unserer Gesellschaft zu fördern.

„Wer Inklusion will, findet einen Weg. Wer sie nicht will,
findet Ausreden.“ ist im Rowohlt-Verlag erschienen und überall
erhältlich, wo es Bücher gibt.